Kann man der Ohnmacht eine Stimme geben?

Februar 2023, welch ein Schrecken: Ein Jahr Ukrainekrieg,  Proteste im Iran gegen das unmenschliche Regime und ein Erdbeben mit über 50000 Toten in der Grenzregion zwischen der Türkei und Syrien. Gleichzeitig bombardiert Erdogan weiter kurdisch kontrollierte Gebiete in Syrien. (Quelle: Frankfurter Rundschau) Künstlerisch kann ich diese Geschehnisse nicht in Bildern festhalten, aber zumindest in Worten möchte ich sie dokumentieren.

Es scheint als ob sich die brutale, weltweite Gewaltspirale immer schneller dreht und auch als unvermeidlich akzeptiert wird. Pazifisten werden diffamiert und Waffen als einzige Lösung propagiert. Die Welt befinde sich in einer „Zeit nuklearer Gefahr, wie es sie seit dem Höhepunkt des Kalten Krieges nicht mehr gegeben hat“, sagte Guterres zum Start der Überprüfungskonferenz zum Atomwaffensperrvertrag in New York. (Quelle: www.tagesschau.de)

Fukushima, 2011, Acryl a. L., 30*30 cm © Gabriele Riedel
Fukushima, 2011, Acryl a. L., 30*30 cm

Dieses Bild eines kleinen Jungen nach der Atomkatastrophe in Fukushima habe ich 2011 gemalt. Das Foto ging damals um die Welt. Wer kann uns dann im Ernstfall noch schützen und helfen?

Hongkong, 2019, Acryl a. L., 145*100 cm © Gabriele Riedel
Hongkong, 2019, Acryl a. L., 145*100 cm

Dieses Bild habe ich 2019 gemalt. Als digitale Vorlage diente hier ein Instagram Post aus Hongkong. Ein friedlicher Demonstrant wird von der staatlichen Willkür brutal niedergeknüppelt. Leider weiterhin aktuell, wenn ich in den Iran schaue oder an all die vielen anderen Orte von denen wir nie erfahren werden.

Ganz klar, die Bilder werden nichts an der aktuellen Situation verändern, aber für mich sind sie Werke gegen das allzu Menschliche Vergessen.

„I feel blue“ oder wie komme ich da wieder raus

Jahresrückblick / Jahresvorschau will mir so gar nicht gelingen. Die Zeiten sind ungewiss und die Außenwelt verändert sich in einem atemberaubenden Tempo. Persönliche Veränderungen entwickeln sich langsam aber stetig, Ideen verdichten sich, Überflüssiges bleibt zurück – Prozesse, die ich im Grunde wenig beeinflußen kann. Ich lasse mich nicht mehr drängen, unmöglich mit den äußeren Veränderungen noch Schritt zu halten – also nehme ich mir die Zeit die ich brauche – und entdecke die Langsamkeit.

Trotzdem trüben immer wieder dunkle Gedanken meine Stimmung und ich suche nach Inspirationen für kreative Projekte. Ich verkrieche mich, sichte alte Fotos und begebe mich auf Zeitreise. Beschäftige mich intensiv mit dem Älterwerden und verwebe die Jugendfotos meiner Familie zu einem Bildteppich. Ich male, bekritzle und überklebe sie, ohne nach einem tieferen Sinn zu suche.

Wer bin ich und woher komme ich?

Aber es fehlt mir die Leichtigkeit, ich möchte dem Zufall wieder mehr Raum in meinen künstlerischen Arbeiten geben und übe mich im Spielerischen.

Ich experimentiere und versuche absichtlos Bilder entstehen zu lassen. Im Spiel mit freien Assoziationen. Es fällt mir nicht leicht! Der Kopf sucht immer nach vertrauten Mustern und bewertet die Ergebnisse schnell als unbrauchbar, kitschig, abgegriffen – die Liste ist lang.

Ich muss mich selbst überlisten und probiere wieder mal alles Mögliche aus. Male auf dem Boden kniend, lasse Farbtöne ineinander laufen, verdichte und lasiere, schneide aus. Versenke mich meditativ und höre klassische Musik oder tanze wild zu lauten Tönen durch mein Atelier.

Gabriele Riedel, Wasser, Acryl auf Steinpapier
Gabriele Riedel, Wasser, Acryl auf Steinpapier

Einzig die Blautöne dominieren meine Palette und ich spüre, diese Farbe tut mir einfach gut. Ich schöpfe aus der Vielfalt des Zufälligen und entwickle die Bildideen Schritt für Schritt weiter.

 

Das kleine Format

In diesen turbulenten Zeiten erscheint mir der Hang zur Größe irgendwie unpassend. Verschwenderisch, laut, protzig – wo wir uns doch alle mit der Tatsache anfreunden müssen, dass wir uns beschränken müssen um zu überleben. Oder auch teilen müssen, damit der Rest der Welt ein menschenwürdiges Dasein führen kann.

Und so wende ich mich den kleinen Formaten zu, weil die großen Dinge in mir derzeit ein Gefühl von Ohnmacht und Hilflosigkeit erzeugen. Sind es nicht die kleinen Dinge im Alltag die uns berühren und uns eine Ahnung von der Unendlichkeit der Schöpfung geben?

Unendlichkeit, 2022, Acryl a. L., 30*30 cm © Gabriele Riedel
Unendlichkeit, 2022, Acryl a. L., 30*30 cm

Kleine Formate erlauben mir meine Ideen spontaner umzusetzen.

Te a la menthe, 2022, Acryl a. L., 30*30 cm © Gabriele Riedel
Té a la menthe, 2022, Acryl a. L., 30*30 cm

Bildideen die ich schon lange in mir trage, finden so schneller Ihren Weg auf die Leinwand. Flüchtige Momente, Lichtspiele in der Nacht, Sehnsucht nach Reisen an magische Orte …

Le Bleu du Marrakesh, 2022, Acryl a. L., 30*30 cm © Gabriele Riedel
Le Bleu du Marrakesh, 2022, Acryl a. L., 30*30 cm

… oder die Erinnerung an farbenfrohe, marokkanische Schuh-Kunstwerke

Babouches, 2022, Acryl a. L., 30*30 cm © Gabriele Riedel
Babouches, 2022, Acryl a. L., 30*30 cm

 

 

 

Vanitas oder die Vergänglichkeit

Im November gedenken wir unseren Ahnen, erinnern uns an die Endlichkeit, an den Tod, nachdem wir dieses Thema den Rest des Jahres mehr oder weniger erfolgreich verdrängen.

Vanitas oder die Vergänglichkeit
Vanitas oder die Vergänglichkeit, 2022, Acryl a. L., 30*30 cm

Europa wurde in den vergangenen Jahrhunderten von Religionskriegen, kriegerischen Invasionen, der Pest, bitterer Armut und gnadenloser Unterdrückung heimgesucht. Somit war die Vergänglichkeit alles Irdischen und die Vergeblichkeit daran festhalten zu können, ein allgegenwärtiges Thema – insbesondere vom Mittelalter bis zum Barock.

In den vergangenen drei Jahren ist das Thema Pandemie, Krieg und seine Folgen gänzlich unerwartet wieder in unser aller Bewusstsein gerückt. Nachdem wir uns doch so viele Sicherheiten geschaffen und uns im Glauben gewiegt haben, das würde auch weiterhin so bleiben. Auch wenn viele Anzeichen schon länger dagegen sprechen …

Wie lässt sich Vergänglichkeit bildlich darstellen?

Auf der Suche nach Darstellungen dieses Themas in der Malerei bin ich bei den Vanitas Darstellungen fündig geworden. (Vanitas ein Wort für die jüdisch-christliche Vorstellung von der Vergänglichkeit alles Irdischen). Insbesondere die niederländischen Stillebendarstellungen des 17. Jahrhunderts faszinieren mich, wegen der detaillierten Malweise, den symbolträchtigen Bildelementen und deren Kompositionen.

Ich kopiere die großen Meister dieses Genres (Jan Davidsz. de Heem, Harmen Steenwijck), um von ihnen zu lernen. Ich suche mir einzelne Bildelemente, komponiere sie neu und verfremde sie.

Meine malerischen Versuche können den Originalen nicht das Wasser reichen, denn für die präzise Führung des Einhaarpinsels in mehreren Schichten fehlte mir dann doch die Geduld.

 

Farbenspiele im Oktober

Der Monat Oktober zeigt sich noch einmal in voller Farbenpracht

Farbenspiele im Oktober, 2022, Acryl a. L., 70*100 cm
Farbenspiele, 2022, Acryl a. L., 70*100 cm

Und ich nutze die Zeit und genieße den Herbst, mit seinen satten Farben, den langen Schatten und den letzten wärmenden Sonnenstrahlen.  Die Stille beruhigt meine Gedanken und eine leichte Melancholie fliegt mich an.
Ein ereignisreicher Sommer liegt hinter mir und  wieder neigt sich ein Jahr  allmählich seinem Ende zu.

Und ich nutze das ganze Farbspektrum um dieses fulminante Farbenspiel zu würdigen und abzubilden.

Waldweg im Herbst, 2018, Öl a. L., 30*30 cm © Gabriele Riedel
Waldweg im Herbst, 2018, Öl a. L., 30*30 cm

Ich freue mich schon auf die kommenden Tage und Wochen, weil ich mich dann wieder intensiver der Malerei zuwenden kann. Denn vom Frühjahr bis zum Herbst fließt ein großer Teil meiner kreativen Energie in meinen Garten.

 

 

Kinder im Krieg

Der Irrsinn des Krieges in der Ukraine nimmt immer noch kein Ende, Atomkraftwerke werden bombadiert, Russland droht mit atomaren Waffen und von Friedensverhandlungen kann keine Rede sein.

Wahrheit oder Fälschung?

Kriegskinder / 2022 / Acryl a. L. / 70*100
Kriegskinder oder „Ungehorsam wagen“ / 2022 / Acryl a. L. / 70*100

Beim Surfen im Netz bin ich auf einer ukrainischen Instagramseite auf diese beiden Kinder im Angesicht der heranrückenden Armee gestoßen.  Inzwischen ist das Original nicht mehr auffindbar. Was auch irgendwie gleichgültig ist, da das Foto schon bei genauerer Betrachtung eine Fotomontage war. Ein salutierender Junge mit Spielzeuggewehr.

Welche Absicht hatte der Autor dieses Postings im Netz? Glorifizierung des Patriotismus oder kritische Distanz? Die Intention bleibt im Dunkeln. Aus meiner Sicht wird mit jedem Krieg eine Endlosspirale aus Haß und Gewalt aufs Neue befeuert.

Kinder transportieren Emotionen und werden bevorzugt in der medialen Bildsprache eingesetzt. Einerseits wird dadurch unser Mitgefühl verstärkt angesprochen, weil sie die Schwächsten unserer Gesellschaft sind. Andererseits bietet es sich geradezu an, die mediale Bildsprache zu hinterfragen, diese im Malprozess weiter zu verfremden und somit eine neue Perspektive einfließen zu lassen.

Hommage an den Sommer

Dieses Bild ist eine Hommage an den Sommer und paradiesische Momente.

Badende, 2022, Acryl a. L., 150*100 cm
Badende, 2022, Acryl a. L., 150*100 cm

Es gibt da so einen geheimen Ort an einem Fluß in einem südlichen Tal. Hier treffe ich mich im Sommer mit meinen Freunden und wir feiern das Leben auf eine ganz einfache und unkomplizierte Art. Wir kennen uns schon sehr lange,  respektieren uns, streiten trotzdem, schätzen uns in unseren Eigenheiten und verbringen unvergessliche Wochen miteinander – wie eine große Familie.

Zusammenleben könnte so einfach sein!

Wasser ist Bewegung

WASSER  –  mein künstlerisches Statement zur Kostbarkeit dieses lebensspendenden Elements, das nicht nur im Sommer 2022 in vielen Regionen Mangelware war. WASSER in seiner Vielfalt darstellen, immer in Bewegung, manchmal still und meditativ, aber auch wild und bedrohlich – eine künstlerische Annäherung an ein bewegtes und unendliches Thema.

Am Dampfersteg
Dampfersteg / 2022 / Acryl a. L. / 80*70 cm

Im Juli hatte ich die Gelegenheit meine Bilder zum Thema WASSER im Café in der alten Metzgerei zu zeigen. Seeshaupt, am Südende des Starnberger Sees gelegen, ist dafür geradezu  prädestiniert. Direkt am See gelegen, im Sommer von vielen Touristen frequentiert, denn immer mehr Stadtmenschen zieht es in die Natur. Da liegt das Thema WASSER einfach vor der Haustüre …

Waldsee, 2020, / Acryl a. L. / 140*100 cm © Gabriele Riedel
Waldsee, 2020, / Acryl a. L. / 140*100 cm

Es war ein kleines Experiment mit gelungener Vernissage und Musikeinlage, die Räumlichkeiten des Cafés boten einen harmonischen Rahmen für meine Bilder.  Ich habe mich über die Resonanz gefreut und war wieder einmal sehr überrascht, welche Motive den größten Zuspruch erfahren haben.

Erfreulicherweise hat sich auch ein Interview zu meiner Person in unserer Dorfzeitung  – DORFleben Ausgabe Nr. 03 – ergeben.
DORFleben Seeshaupt Ausgabe 3/22 Seite 22

  • Unwetter / 2017 / 80*80 cm / Acryl a. L. © Gabriele Riedel
    Unwetter am See

Marmor, von der Idee zur Form

ein guter Geist aus Marmor
Der gute Geist, Statuario Marmor, 2022

Von der Idee zur Form

Der Mai stand ganz im Zeichen der Form. Vorbereitung auf das Bildhauercamp in Azzano ( Italien), Ideensuche und Ideenfindung. Aufbau eines Modells, das mir später bei der Umsetzung in Marmor als Arbeitshilfe dienen sollte. Was weg ist ist weg! Bei der Arbeit am Stein, sollte man sich vorher überlegen, was man weghaut …

Die Grundidee dieser Gartenskulptur war ein schützendes Wesen zu gestalten, inspiriert durch das Qi-Gong „Unten schwer und oben leicht“.

Der Prozess

Ich hatte noch einen Block aus Statuario-Marmor, der auf seine Formwerdung wartete. Dieser Marmor wird nur in den Steinbrüchen von Carrara abgebaut und ist unter Bildhauern sehr geschätzt. Sein zartes Weiß und die besonders feine, kristalline, lichtdurchlässige Struktur, entfalten besonders im Licht ihre magische Wirkung.

Das Campo und die Umgebung

Eine wilde und grandiose Umgebung, ein kleines Bergdorf, tagsüber Hitze, Lärm und Staub am Abend Feierstunden mit Blick auf die Ebene und das Meer, Glühwürmchen Feuerwerk …

Das Ergebnis

Gartenskulptur aus Marmor © Gabriele RiedelGartenskulptur aus Marmor © Gabriele RiedelGartenskulptur aus Marmor © Gabriele Riedel

Konzentrierte Arbeit im im Kreise von Künstler*innen, mit Maschinen und der Hand, Unterstützung durch erfahrene Bildhauer.  Anregende Gespräche mit Menschen aus unterschiedlichen Nationen, dabei das Weltgeschehen und die Krisen nur am Rande gestreift. Hauptthema ist die Arbeit am Stein, die Formgebung, die persönlichen Höhen und Tiefen. Und im gemeinsamen TUN, lernt man sich in diesen zwei Wochen ganz anders kennen, unverstellter, ehrlicher, offener. Es war eine sehr schöne Zeit mit allen Beteiligten!

 

Und wer mehr über das Campo erfahren möchte klickt hier weiter …

Mein Garten als Quelle der Inspiration

Detail Mohn, Acryl auf Leinwand 2016, 90*90 cm, copyright Gabriele Riedel

„In einem Garten ging das Paradies verloren, in einem Garten wird es wiedergefunden“

Blaise Pascal

Ich überlasse mich dem Summen der Insekten und tauche ein in eine vielfältige Welt aus Blüten im schillerndsten Gewand, verführerischen Düften, und tanzenden Sonnenstrahlen. Der schönste Gartenmonat ist für mich der Mai. Dann bietet sich die Natur in ihrer unerschöpflichen Vielfalt, eine wahre Farben- und Formenpracht, belebt von einer Vielzahl an Vögeln und Insekten. Jetzt finde ich kaum Zeit zum Malen, denn der Garten ruft mit aller Macht !

Garten im Mai, Fotos von Gabriele RiedelGarten im Mai, Fotos von Gabriele RiedelGarten im Mai, Fotos von Gabriele RiedelGarten im Mai, Fotos von Gabriele RiedelGarten im Mai, Fotos von Gabriele RiedelGarten im Mai, Fotos von Gabriele RiedelGarten im Mai, Fotos von Gabriele RiedelGarten im Mai, Fotos von Gabriele RiedelGarten im Mai, Fotos von Gabriele RiedelGarten im Mai, Fotos von Gabriele RiedelGarten im Mai, Fotos von Gabriele RiedelGarten im Mai, Fotos von Gabriele Riedel

Von Frühjahr bis zum Herbst fließt ein großer Teil meiner kreativen Energie in meinen Garten. Nicht nur die Blütenstauden möchten gehegt und gepflegt werden, da gibt es auch noch Gemüse vorzuziehen, die Ernte und das Verarbeiten, Sträucher zu beschneiden und vieles mehr.

Gemüsegarten Fotos von Gabriele Riedel
Der kleine Gemüsegarten

Die Kunst hierbei besteht darin, als Mensch so wenig wie möglich und doch so oft wie nötig einzugreifen. Ein steter Kreislauf aus Wachstum und Vergehen. Ich könnte ein Loblied auf die Gartenarbeit anstimmen und doch gibt es Tage wo mir die Pflanzenwelt buchstäblich über den Kopf wächst. Da ist tatkräftige Mithilfe sehr erwünscht.

Gemüsegarten Fotos von Gabriele Riedel
Bei der Ernte